EINE IDEE, DIE IHRER ZEIT VORAUS WAR

25 Jahre INSITE – Erinnerungen eines Gründers
Im Gespräch mit dem Gründer Dr. Hansjörg Becker blicken wir zurück auf die Anfänge, auf eine Zeit, in der das Thema „psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ noch ein Tabu war – und auf den Mut, Dinge einfach zu machen.
Mit Neugier fing alles an – und einem bisschen Mut
„Ich bin Arzt, Psychiater, Psychoanalytiker – es liegt also nicht gerade nahe, ein Unternehmen wie INSITE zu gründen“, sagt Dr. Hansjörg Becker lachend.
Doch Ende der 90er Jahre lag etwas in der Luft: Die Arbeitswelt veränderte sich spürbar. Arbeitsplatzsicherheit schwand, Belastungen nahmen zu – das Thema Burnout tauchte erstmals auf der gesellschaftlichen Landkarte auf.
In einem Netzwerk aus gleichgesinnten Psychotherapeuten – von Frankfurt bis Paris und Amsterdam – wurde die Idee geboren, psychologische Unterstützung direkt ins Unternehmen zu bringen. Erste Impulse kamen aus den USA.
Der erste Kunde – und die Sache mit dem Handy
INSITE wurde schließlich mit einem konkreten Kundenbedarf geboren: Accenture wandte sich an Dr. Becker mit dem Wunsch, ihre Consultants besser zu unterstützen – emotional, mental, menschlich.
„Sie wollten keinen amerikanischen Anbieter, sondern uns. Das war der Anfang.“
Die Anfangszeit war geprägt von Improvisation und 24/7-Erreichbarkeit:
„Ich hatte mein Handy ständig in der Hosentasche und selbst nachts auf dem Nachttisch liegen. Wir hatten keine Internetseite, nur eine Telefonnummer – und da musste immer jemand rangehen.“
Psychologische Beratung? Damals noch eine Mutprobe
„Es war damals ein absolutes Unding, dass ein Psychologe ins Unternehmen kommt“, erzählt Dr. Becker.
In der Praxis war die Hemmschwelle groß – viele Mitarbeitende wussten nicht, ob sie anrufen dürfen oder glaubten, sie müssten schon „am Ende“ sein, um Hilfe zu bekommen.
Eine Anekdote, die bis heute hängen geblieben ist:
„Ein Manager kam spät abends zum Erstgespräch, schaute mich von allen Seiten an und sagte dann: ‚Ach, Sie sehen ja ganz normal aus!‘ – Er hatte wohl ein anderes Bild von jemandem, der mit ‚Psychos‘ arbeitet.“
Vom Alleingang zum Team
Dr. Becker baute INSITE Schritt für Schritt auf. Die ersten Beratenden fand er über persönliche Kontakte – viele verstanden damals noch nicht, was er eigentlich vorhatte.
„Ich hab das ganze Netzwerk zu Accenture geschleppt. Zwölf Leute – viele davon sehr gediegen – dachten, mit einem Unternehmensauftrag kommt der große Durchbruch.“
Doch schnell wurde klar: Qualität überzeugt. Das Geschäft wuchs stetig – zunächst ganz ohne aktiven Vertrieb.
Vom Gründer zur nächsten Generation – aber mit Schlüssel
Ein Wendepunkt in der INSITE-Geschichte kam mit dem Einstieg von Dr. Matthias Conradt, der zunächst als psychologischer Berater begann – und heute das Unternehmen als Geschäftsführer leitet. Gemeinsam mit Deborah Schütt, die mittlerweile Prokura trägt, brachte er frische Ideen, Mut zum Widerspruch – und eine neue Energie ins Unternehmen.
„Das war großes Glück“, sagt Dr. Hansjörg Becker rückblickend. „Matthias hatte den Mumm, mir auch mal zu widersprechen. Das war unterm Strich sehr produktiv.“
Mit der Zeit wurde klar: Es war der richtige Moment für den Gründer, sich zurückzuziehen – behutsam, mit Blick auf das Team und die Zukunft. Die Übernahme durch Asklepios bedeutete für INSITE eine neue Phase: Mehr Stabilität, neue Perspektiven – aber mit viel Freiheit, das zu bleiben, was INSITE ausmacht.
Und Dr. Hansjörg Becker?
Der hat sich stilvoll aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen – doch ganz weg ist er nicht.
Heute berät er wieder, wie ganz am Anfang. „Ein bisschen back to the roots“, sagt er – mit spürbarer Freude.
Und auch wenn er heute nicht mehr entscheidet, was morgen passiert – mit INSITE ist er weiterhin verbunden. Und den Schlüssel hat er immer noch.
Einfach machen – mit Haltung
Die Philosophie von INSITE? Qualität, Vertrauen, und das Verständnis dafür, dass psychische Gesundheit zum Arbeitsplatz gehört.
Dr. Becker beschreibt es so:
„Das Wesentliche war, dass wir gute Arbeit gemacht haben – und dass sich das rumgesprochen hat.“
Auch wenn heute vieles professioneller organisiert ist, der Kern ist geblieben: Menschen helfen, bevor es zu spät ist – und ohne, dass man sich dafür schämen muss.
Was bleibt nach 25 Jahren? INSITE ist heute ein etabliertes Unternehmen mit klarer Haltung – und einer Gründungsgeschichte, die Mut macht. Mut, Neues zu denken. Mut, anzufangen. Und Mut, einfach normal zu sein.